Ein Blick in die Nacht — »Nosferatu« von Robert Eggers

103 Jah­re sind inzwi­schen ver­gan­gen, seit Nos­fe­ra­tu das ers­te Mal in den Licht­spiel­häu­sern die­ser Welt zu sehen war. Auch im Jahr 2025 begeis­tert die Geschich­te immer noch und kommt nun erneut in einer wei­te­ren Neu­auf­la­ge in die Kinos. Regis­seur Robert Eggers hat sich dabei in den letz­ten Jah­ren viel Popu­la­ri­tät im Art­house- Kino erar­bei­tet; sei­ne Fil­me Der Leucht­turm (2019) und The Witch (2015) erfreu­en sich gro­ßer Beliebt­heit. Mit The North­man (2022) stand dem Ame­ri­ka­ner dann erst­mals ein höhe­res Bud­get zur Ver­fü­gung, und auch bei Nos­fe­ra­tu kann nun wirk­lich nicht mehr von einer Indie-Pro­duk­ti­on die Rede sein. Mit einem gut auf­ge­leg­ten Cast rund um Wil­lem Dafoe, Gus­tav Skars­gård und Nicho­las Hoult lie­fert Robert Eggers hier eine über­zeu­gen­de Neu­fas­sung des Klas­si­kers ab.

Beson­ders Lieb­ha­ber düs­te­rer Bil­der und atmo­sphä­ri­scher Gru­sel­stim­mung kom­men dabei auf ihre Kos­ten. Mit einem guten Gespür für his­to­ri­sche Authen­ti­zi­tät zeigt der Film Bil­der, die im Kopf blei­ben. Klar, das Rad wird hier nicht völ­lig neu erfun­den, aber den­noch ergänzt Eggers eini­ge Aspek­te, die dem Film einen Mehr­wert ver­schaf­fen. Beson­ders das Augen­merk auf die psy­cho­lo­gi­sche Tie­fe bei sei­nen Prot­ago­nis­ten tut der Hand­lung gut. Ellen Hut­ter (Lily-Rose Depp) tritt dabei als eman­zi­pier­te Figur auf, die in ihrer Ver­bin­dung zu Nos­fe­ra­tu nicht in der Opfer­rol­le zu sehen ist, die man aus der klas­si­schen Ver­si­on der Geschich­te kennt, son­dern viel­mehr als Schöp­fe­rin des Bösen. Der Hor­ror Gehalt des Films wird dabei gezielt auf die psy­cho­lo­gi­sche Ebe­ne ver­scho­ben, was dem Film einen moder­nen Anstrich ver­leiht: Es geht um Fra­gen zur per­sön­li­chen Ver­ant­wor­tung, zur Natur der Gedan­ken und der Erschaf­fung der eige­nen Wahr­neh­mung.

Im Hin­blick auf die Art­house-Wur­zeln des Regis­seurs soll­te an die­ser Stel­le aber auch noch auf das lang­sa­me Erzähl­tem­po des Films hin­ge­wie­sen wer­den. Der Film ist kein Hor­ror­film im tra­di­tio­nel­len Sin­ne; Eggers arbei­tet nicht mit den klas­si­schen Stil­mit­teln der Jumps­ca­res oder der quä­len­den Span­nun­gen, son­dern mit sub­ti­le­ren Tech­ni­ken. Gera­de die Ver­wen­dung von abs­trak­ter Sym­bo­lik, einer ruhi­gen Kame­ra­füh­rung und einem mini­ma­lis­ti­schen Sound­de­sign sor­gen dafür, dass ein Film mit 122 Minu­ten Lauf­län­ge nicht für jeden glei­cher­ma­ßen viel Unter­hal­tung bedeu­tet. Wer aber ein Fai­ble für goti­schen, psy­cho­lo­gi­schen Hor­ror und die Ästhe­tik der Dun­kel­heit hat, kommt hier voll auf sei­ne Kos­ten.