Die Beiträge auf dieser Seite befassen sich mit der Tübinger Poetikdozentur 2024, die Daniel Kehlmann, Nora Bossong und David Schalko nach Tübingen und ins Gespräch über historische Elemente in ihren Werken brachte.
Vorwort von Prof. Dr. Evi Zemanek
Die Tübinger Poetik-Dozentur ist eine Institution, die jedes Jahr ein großes Publikum ins Audimax der renommierten Eberhard Karls Universität lockt und dieses vier bis fünf Tage lang anspruchsvoll unterhält. Bereits zum siebenunddreißigsten Mal wiederholte sich dieses Ereignis vom 11. bis 15. November 2024 in der schwäbischen Universitätsstadt. Am Eröffnungsabend hielt Daniel Kehlmann einen Vortrag mit dem Titel »Gattungen, Tonfälle, Stimmen«, der am Folgetag ergänzt wurde durch ein Gespräch zwischen dem Beststeller-Autor und dem Regisseur David Schalko, der für die Fernsehserie KAFKA (2024) Kehlmanns Drehbuch verfilmt hat. Zur Wochenmitte kamen Kehlmann und Nora Bossong mit Dorothee Kimmich, der langjährigen Leiterin der Poetik-Dozentur, auf dem Podium zum Thema »Über Geschichte schreiben« ins Gespräch und lasen abwechselnd aus ihren beiden neuesten Romanen Lichtspiel
(2023) und Reichskanzlerplatz (2024). Darauf folgte ein Einzelvortrag von Bossong über »Fakten und Fiktionen«, und schließlich endete die Woche mit einem von der Autorin für Studierende angebotenen Workshop. Den Lesungen, Vorträgen und Gesprächen konnte man auch auf YouTube folgen.
Im Nachgang der ereignisreichen Woche haben Studierende die Vorlesungen und Gespräche im Oberseminar »Poetiken der Gegenwart« (Leitung: Evi Zemanek) analysiert, um die Ergebnisse anschließend auf Stylus, der neuen studentischen Zeitschrift für Literatur- und Filmkritik (gegründet von Caroline Frank) zu präsentieren. Die folgenden Essays zu selbstgewählten Aspekten beschäftigen sich sowohl mit den von den Autor:innen vorgestellten Romanen als auch mit ihren poetologischen Reflexionen und ihren Performances auf der ›Bühne‹ des Audimax. Sie widmen sich nacheinander der Poetikvorlesung als Genre mit besonderer Berücksichtigung von Kehlmanns Beitrag »Gattungen, Tonfälle, Stimmen«, den ambivalenten Figuren in Kehlmanns Lichtspiel und Bossongs Reichskanzlerplatz, Kehlmanns Inszenierung von Geschichte sowie schließlich seinem Drehbuch zur Kafka-Serie. Die Tatsache, dass Kehlmanns Werk in den vier Essays etwas mehr Aufmerksamkeit erfährt, ist dadurch begründet, dass nur er zugestimmt hat, seine Beiträge zur Poetik-Dozentur nach deren Ende auf YouTube zur Verfügung zu stellen. Diese kleine Sammlung von Studierendenbeiträgen, die sich formal und stilistisch zwischen wissenschaftlichen und literaturkritischen Artikeln bewegen, ist ein Experiment im Zusammenspiel mit der Poetik-Dozentur. Es ist ein glücklicher Zufall, dass zum Beginn des Sommersemesters 2025 von Seiten der Tübinger Germanistik-Studierenden und Dr. Caroline Frank die neue Online Plattform Stylus gegründet wurde und fortan einen lebendigen Austausch über die zahlreichen wissenschaftlichen und künstlerischen Aktivitäten an der Universität Tübingen ermöglicht.
Evi Zemanek, Tübingen, Juli 2025.
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